Unsere Caritas-Schulen liefern konkrete Lösungen gegen den Pflegenotstand. Jetzt ist die Politik am Zug. Der erste Jahrgang der Höheren Lehranstalten für Pflege und Sozialbetreuung maturiert im Juni. Doch für die Zukunft dieser erfolgreichen Schulform fehlt die Unterstützung der Politik. Wir fordern: Infrastruktur finanzieren, Sozialbetreuung einbeziehen, Lehrkräfte sichern.
Pflege und Betreuung brauchen Fachkräfte. Wir bilden sie aus.
Im Juni schließen unter anderem rund 40 junge Menschen ihre Ausbildung an den Höheren Lehranstalten für Sozialbetreuung und Pflege (HLSP) in der Steiermark und Niederösterreich ab – als Pflege-Fachassistent*innen und Diplomsozialbetreuer*innen mit Matura. Sie werden dringend gebraucht: Laut aktuellen Prognosen wird sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bis 2050 mehr als verdoppeln. Bereits bis 2030 werden rund 50.000 Pflege- und Betreuungspersonen in Österreich fehlen.
„Unsere Sozialbetreuungs-Schulen sind Teil der Lösung. Die Anmeldezahlen bestätigen das – das Interesse ist groß. Wir bilden heute dort aus, wo morgen Pflege- und Sozialbetreuungskräfte fehlen werden. Aber diese Ausbildung muss auch ermöglicht werden – nämlich durch faire Finanzierung und politische Rückendeckung“, fordert Nora Tödtling-Musenbichler, Präsidentin der Caritas Österreich.
Erfolgreiches Modell auf eigene Kosten.
Die HLSP sind ein erfolgreiches Modell: 2020 als Schulversuch gestartet, verbinden sie Matura und Berufsabschluss in Pflege oder Sozialbetreuung. Wir haben diese Schulform mitentwickelt – eine Schule für junge Menschen ab 14 Jahren, die früh ins Berufsfeld einsteigen möchten. In der Steiermark und in Niederösterreich maturiert nun der erste Jahrgang.
Trotz der hohen Nachfrage bleibt aber die Finanzierung ein Problem: Kirchliche Schulen müssen Schulgeld verlangen, um die Infrastruktur und laufende Kosten zu finanzieren. Diese Schulgelder von bis zu 4.800 Euro pro Jahr müssen in der Regel von den Eltern und der Familie bezahlt werden. Diese Kosten sind für viele Familien jedoch nicht leistbar. Wer sich heute für einen Beruf in der Pflege und Sozialbetreuung entscheidet, braucht also nicht nur Motivation, sondern vor allem auch die nötigen finanziellen Mittel.
„Wir schaffen Räume für Bildung, aber die öffentliche Hand lässt uns als Schulbetreiber sowie die Schüler*innen bei der Finanzierung allein. Unsere Schüler*innen bzw. deren Familien zahlen mehrere tausend Euro für eine Ausbildung. Für eine Ausbildung in systemrelevanten Berufen, in denen dringend Nachwuchs benötigt wird. Wer es mit der Sicherung von Betreuung und Pflege auch in der Zukunft ernst meint, muss eine Ausbildung ermöglichen, die kostenfrei ist“, fordert Ernst Sandriesser, Leiter der Caritas Schulträger-Kooperation und Direktor der Caritas Kärnten. „Seit über 40 Jahren bildet die Caritas Fachkräfte aus. Das Interesse an Sozialbetreuungsberufen und Pflege in ganz Österreich ist da. Wenn die Politik nicht auf das Interesse reagiert und die Träger der Ausbildungen unterstützt, gehen uns tausende Fachkräfte verloren.“
Sozialbetreuung fehlt im Regierungsprogramm.
Gute und zeitgemäße Versorgung braucht sowohl professionelle Pflege als auch qualifizierte Sozialbetreuung. Sie ergänzen sich und sichern gemeinsam Lebensqualität, Teilhabe und Selbstbestimmung. Doch im aktuellen Regierungsprogramm kommt die Sozialbetreuung schlichtweg nicht einmal vor. Sozialbetreuungsberufe sind kein Nice-to-have, sie sind ein gleichwertiger, systemrelevanter Teil der Versorgung, in Pflegeheimen, bei mobilen Diensten, in der Behindertenarbeit, Familienhilfe und Palliativversorgung und müssen auch als solche endlich angesehen werden. Sozialbetreuung entlastet, ergänzt und stärkt das System. Auch die aktuelle Personalbedarfs-Prognose (GÖG 2024) bestätigt dies. Das Potenzial von Sozialbetreuungsberufen mit Pflegeassistenz-Ausbildung ist groß – insbesondere für den Einsatz im mobilen Bereich und im Langzeitbereich.
„Wer nur auf die Pflegeberufe schaut, übersieht die Realität. Sozialbetreuung ist eine wichtige Berufsgruppe und keine Zusatzleistung. Wenn wir diese Berufe in alle Planungen und Personalschlüssel integrieren, schaffen wir nicht nur die Voraussetzung für eine ganzheitliche und zeitgemäße Versorgung und können der großen, demografiebedingten Herausforderung auch entschieden entgegenwirken. Die Politik muss endlich das gesamte Bild sehen und beide Berufe – Pflege und Sozialbetreuung - gleichwertig einplanen“, sagt Tödtling-Musenbichler.
Die Caritas-Schulen fordern eine nachhaltige, strukturierte und vollständig finanzierte Strategie zur Sicherung der Ausbildung im Bereich Pflege und Sozialbetreuung. Diese muss endlich alle Bereiche des Systems erfassen: von der Finanzierung über die Qualifizierung bis hin zur Anerkennung.
Die konkreten Forderungen im Überblick:
- Infrastrukturkosten sichern: Wer Ausbildungen in den Bereichen für Pflege und Sozialbetreuung will, muss auch die Finanzierung von Räumen, Ausstattung und Digitalisierung sicherstellen. Schulen mit Pflege- und Sozialbetreuungsschwerpunkt benötigen gezielte Investitionen in Technik und digitale Ausstattung.
- Sozialbetreuung als zentrale Funktion in der Pflege und Betreuung einbeziehen. Sozialbetreuungsberufe müssen als gleichwertiger Teil der Versorgung in Personalbedarfsstudien, in Finanzierungsmodellen und in der politischen Strategie berücksichtigt werden.
- Lehrkräfte gewinnen: Studiengänge für Pflegepädagogik müssen öffentlich finanziert werden. Der Zugang muss vereinfacht und die Anrechnung von Abschlüssen und Qualifikationen harmonisiert werden.
Pflege und Betreuung brauchen Perspektive. Diese beginnt in der Schule.
Pflege- und Betreuung von morgen beginnt jetzt! Die Ausbildung ist der Schlüssel zur Zukunft des Sozialstaats. Die HLSP sind ein konkreter und funktionierender Beitrag dazu. Sie zeigen, wie eine moderne Ausbildung gelingen kann: praxisnah, qualitätsvoll und zukunftsorientiert. Junge Menschen entscheiden sich bewusst für diesen Beruf, trotz aller Herausforderungen. Dieses Engagement verdient politische Unterstützung statt bürokratischer Hürden.
„Unsere ersten Maturant*innen zeigen, wie’s geht. Jetzt ist die Politik an Zug. Wer Pflege und Sozialbetreuung will, muss die Ausbildung nicht nur auf Papier, sondern auch mit Geld, Plan und Respekt unterstützen. Wenn wir heute in Ausbildung investieren, gewinnen wir morgen Fachkräfte, die pflegen, betreuen und Verantwortung tragen - und die werden wir dringend brauchen!“, so Nora Tödtling-Musenbichler abschließend.
Schulen der Caritas in Österreich.
Die Caritas in Österreich ist der größte Schulträger für Sozialbetreuungsberufe. Insgesamt betreibt sie 20 Schulen in sechs Bundesländern, an denen rund 5.000 Auszubildende in den Bereichen Pflege, Soziales bzw. Sozialwirtschaft lernen. Davon absolvieren etwa 3.000 eine Schule für Sozialbetreuungsberufe (SOB). Seit 2020 bietet die Caritas außerdem an Höheren Lehranstalten für Pflege und Sozialbetreuung (HLSP) fünfjährige Ausbildungen mit Matura sowie an Fachschulen Ausbildungen mit Pflegevorbereitung an.