Demenz ist die häufigste und folgenreichste psychiatrische Erkrankung im Alter.
Innsbruck (bw) - „Demenz ist die häufigste und folgenreichste psychiatrische Erkrankung im Alter. Da eine Heilung bislang noch nicht möglich ist, muss es von höchstem gesellschaftlichem Interesse sein, den Fokus auf Pflege und Betreuung zu legen und hier besonders auf die Entlastung und Unterstützung der pflegenden Angehörigen. Sie sind die größte Pflege-, Betreuungs- und Sozialeinrichtung in unserem Land“, betonte Caritasdirektor Georg Schärmer bei einem Pressegespräch anlässlich der Präsentation der erste Studie zur „Situation pflegender Angehöriger von Demenzerkrankten in Tirol“.
16-Stunden-Tag
Die beiden Pflegewissenschaftlerinnen und Studienautorinnen Anita Mair und Roswitha Mayer-Kleiner berichten von einem 16-Stunden-Tag und enormen Belastungen, denen pflegende Angehörige von Demenzerkrankten über Jahre hinweg ausgesetzt sind. Mair und Mayer-Kleiner empfehlen eine Enttabuisierung der Demenzerkrankung, eine gesellschaftliche Anerkennung der Leistungen, die pflegende Angehörige erbringen, professionelle Beratung und Anleitung sowie kontinuierliche Entlastung, damit die pflegenden Angehörigen nicht selbst zu Pflegefällen werden. Eine Dachorganisation für Information und Beratung in Tirol sollte eingerichtet werden, wobei Beratung und Anleitung auch direkt zu Hause bei den Betroffenen ermöglicht werden muss. „Pflegende Angehörige sind der größte Pflege- und Betreuungsdienst und stellen für unser Land ein immenses personelles und finanzielles Potenzial dar. Wenn nur fünf Prozent der pflegenden Angehörigen ihrer Pflege- und Betreuungsleistung nicht mehr nachkommen könnten, dann würde dieses System zusammenbrechen“, konkretisierte Anita Mair.
Pflegegeld seit 1993 nicht erhöht
Die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit erfolgt derzeit durch Mediziner, wobei verschiedene Kriterien berücksichtigt werden, z.B. der zeitliche Bedarf für die Körperpflege, Mobilisierung und Ernährung des dementen Menschen sowie der Aufwand für die Hauswirtschaft. Eine wesentliche zeitliche Belastung entsteht durch Einbußen, die von der Demenz hervorgerufen werden (Vergesslichkeit, Desorientierung, Überforderung bei alltäglichen Tätigkeiten). „Dieser Zeitaufwand findet jedoch kaum bis nicht Berücksichtigung in der Pflegebedarfseinschätzung“, kritisieren die Autorinnen. Als Konsequenz der Ergebnisse fordern Mair und Mayer-Kleiner:
Die Pflegegeldeinstufung sollte auch von Pflegepersonen vorgenommen werden.
Es muss eine Indexanpassung des Pflegegeldes, das seit 1993 nicht erhöht worden ist, erfolgen.
Bei der Erhebung des Pflege- und Betreuungsaufwandes muss die spezielle Situation der an Demenz erkrankten Personen berücksichtigt werden.
Im Sinne einer Qualitätssicherung sollen die Pflege- und Betreuungsleistungen von den pflegenden Angehörigen schriftlich dokumentiert werden.
In jeder Pflegegeldstufe muss eine kontinuierliche verpflichtende professionelle Beratung erfolgen.
Öffentlich zugängliche Präsentation der Studie
Am kommenden Montag, 10.12.2007 findet im Caritas Bildungszentrum in Innsbruck, Maximilianstraße 41, eine öffentlich zugängliche Präsentation der Studie statt. Der Vortrag beginnt um 19:00 Uhr, der Eintritt ist frei.