Laut Statistik Austria sind derzeit 1,8 Millionen Österreicherinnen und Österreicher über 60 Jahre alt. In 40 Jahren werden es drei Millionen sein. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen braucht es rechtzeitig Konzepte. Der Ausbildungsweg zur DiplomsozialbetreuerIn bzw. FachsozialbetreuerIn kann als Vollzeitausbildung oder berufsbegleitend beschritten werden. Die Ausbildung dauert entweder zwei, drei oder vier Jahre. Sie wird von der Caritas im Ausbildungszentrum für Sozialberufe in Graz sowie in der Lehranstalt für Sozialberufe in Rottenmann angeboten.
Indem die Caritas jungen Menschen ein attraktives Angebot für eine Berufslaufbahn im Bereich der Sozialbetreuung unterbreitet, trägt sie aktiv dazu bei, dass die Herausforderung der Zukunft bei sich rasant ändernden gesellschaftlichen Bedingungen bewältigt werden können. Die Caritas setzt mit der neuen modularen Ausbildung die 15-A-Vereinbarung zu den Sozialbetreuungsberufen vom Juni 2005 zwischen dem Bund und den Ländern um, mit der die Voraussetzung geschaffen wurde, dass die Qualität in Berufen für Betreuung und Begleitung für KlientInnen und DienstnehmerInnen weiter verbessert werden kann. Endlich wurde der schon lange bestehenden Forderung nach Harmonisierung von Berufsbildern für Sozialbetreuungsberufe und einheitliche Ausbildungsstandards in ganz Österreich Rechnung getragen. Damit werden die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Berufsgruppen und die einheitliche Anerkennung der Ausbildungen gesteigert. Die Diplome werden innerhalb der EU und des EWR anerkannt – die Diplomprüfung gilt als Fachbereichsprüfung im Rahmen der Berufsreifeprüfung, was auch das Einschlagen eines weiteren universitären Ausbildungswegs möglich macht.
Die Caritas ist sehr froh über die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Denn der viel beschworene „Pflegenotstand“ hat eine starke Bildungskomponente. Ich möchte in diesem Sinn besonders betonen, dass der Begriff „Pflegenotstand“ nicht nur medizinisch verstanden werden und auf die Pflege im klassischen Sinn reduziert werden darf. Gerade die Diskussion um die ausländischen PflegerInnen hat ja gezeigt, dass der Notstand, von dem geredet wird, vor allem auch im Bereich der Betreuung und Begleitung existiert. Hier müssen ebenso die Weichen gestellt werden, müssen zukunftsfähige Antworten auf die großen Fragen gefunden werden. Hinzu kommt, dass viele ältere Menschen in Zukunft verstärkt neue Lebensformen suchen werden. Wohngemeinschaften, Betreutes Wohnen werden das Angebot ergänzen, während sich die klassischen Häuser für Altenarbeit in Pflegehäuser entwickeln werden. Eine zusätzliche Herausforderung ergibt sich noch durch die Zunahme der Demenzerkrankungen. Im Jahr 2000 litten in Österreich etwa 90.000 Menschen unter einer Demenzerkrankung. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl auf über 230.000 angestiegen sein.
Doch wesentlich sind in diesem Zusammenhang aber auch weitere gesellschaftliche Veränderungen. Eine Zunahme von Singlehaushalten, die Veränderung der Familienstrukturen, die Zunahme der Zahl der berufstätigen Frauen werden in Zukunft immer neue Lücken entstehen lassen, die durch ein Mehr an professioneller Betreuung und Begleitung ergänzt werden müssen. Wie wir in der Familienarbeit erleben, leiden viele Familien an Überforderungen, die Zahl der psychischen Erkrankungen nimmt zu. Es braucht soziale Strukturen, dass Familien in Krisen professionell abgefedert werden können – ob nach einer Trennung, nach einem Todesfall oder bei einer Langzeiterkrankung eines Elternteils. Dieselbe Problematik zeigt sich im Prinzip auch in der Behindertenarbeit – auch Menschen mit Behinderungen werden älter – auch hier kommt man ohne profunde, fachkundige Hilfe nicht aus. Die neue Ausbildung hat hier eine Lösung rechtlicher Probleme geschaffen – bezogen auf pflegerische Tätigkeiten einerseits durch die Integration der Pflegehilfeausbildung in die Ausbildungsschiene Behindertenarbeit und durch das Modul „Unterstützung bei der Basisversorgung“ in der Ausbildungsschiene Behindertenbegleitung.
Die Schere öffnet sich somit in mehrfacher Hinsicht. Zum einen gibt es immer mehr Menschen, für die es maßgeschneiderte Angebote zu entwickeln gilt – zum anderen gibt es immer weniger Menschen, die in ihrer Lebenssituation entsprechend Raum und Zeit für Betreuung und Begleitung haben. Wir müssen uns daher darauf einstellen, dass wir ein Mehr an Unterstützung für mehr Menschen brauchen werden. Vor diesem Hintergrund müssen für junge Menschen, die sich für Betreuungsberufe entscheiden, Voraussetzungen geschaffen werden, dass sie sich auch beruflich weiter entwickeln und mit der entsprechenden Flexibilität auf die Erfordernisse des Arbeitsmarkt s reagieren können. Unsere Verantwortung als Schulerhalter ist es, dafür zu sorgen, dass junge Menschen Perspektiven eröffnet werden. Denn gerade diese gut ausgebildeten jungen Menschen sind es, die den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft auch in der Zukunft ermöglichen.
Allein im Pflegebereich werden in den nächsten Jahren österreichweit rund 2000 zusätzliche PflegehelferInnen sowie Alten- oder SozialfachbetreuerInnen gebraucht werden. Und auch in der Familienarbeit kann in der Steiermark schon jetzt der Bedarf an zusätzlichen MitarbeiterInnen nicht zur Gänze gedeckt werden. Derzeit stehen an den beiden Caritas Ausbildungsstandorten in der Wielandgasse und in Rottenmann rund 400 SchülerInnen in Ausbildung für Sozialbetreuungsberufe. Das Motto der Caritas lautete stets: Wenn ich Hilfe brauchen, dann soll es herzhafte und professionelle Hilfe geben. Im Jahr 1949 wurde die erste Mitarbeiterin von der Caritas ausgesandt, um Bäuerinnen in dieser schweren Nachkriegszeit beizustehen, wenn sie ein Kind erwartete oder nach der Geburt nicht die schwere Arbeit am Hof verrichten konnte. Die erste Familienhelferin war noch eine Kindergärtnerin. Zwei Jahre später wurde bereits die erste in Innsbruck ausgebildete Familienhelferin eingesetzt. Daher wurde sehr rasch Wert auf eine umfassende Ausbildung gelegt.
In den 60er-Jahren wurde eine eigene Fachschule für Familienhilfe errichtet, die die seit 1965 nach einem österreichweiten Lehrplan unterrichtet und Öffentlichkeitsrecht genießt. (1975 ist aus der Familienhilfe heraus der Dienst der Altenhilfe entstanden. Der Lehrgang für Behindertenarbeit für Berufstätige wird seit 1986 in Graz durchgeführt. Im Jahr 1993 wurde auch die Heilpädagogische Diplomausbildung in das schulische Angebot aufgenommen.)
Das Land Steiermark hat nun noch bis Ende Juli 2007 Zeit, die Durchführungsbestimmungen gemäß der 15-A-Vereinbarung zu erlassen. Wir gehen davon aus, dass mit diesen Durchführungsbestimmungen der Rahmen für eine wirklich attraktive Ausbildungsmöglichkeit für junge Menschen geschaffen wird.