Das heimische Pflegesystem leidet an vielen Krankheiten, die dringend kuriert werden müssen. So führt der teure Kompetenzdschungel bei der Betreuung und Pflege zu groben Ungerechtigkeiten. Es kann nicht sein, dass für ein und dieselbe Betreuungssituation in der Steiermark fast doppelt soviel gezahlt werden muss wie in Oberösterreich. Die Schaffung eines österreichweiten Pflegelastenausgleichsfonds könnte hier Abhilfe schaffen.
Ein weiteres Problem: Das Pflegegeld hat seit seiner Einführung ständig an Wert verloren und gehört endlich regelmäßig an die Teuerungsrate angepasst. Zudem muss der tatsächliche Betreuungsaufwand (etwa bei Demenzkranken oder Kinder mit Behinderungen) bei der Pflegegeld-Einstufung stärker berücksichtigt werden.
Insgesamt benötigt Österreich angesichts von Kompetenzdschungel, knappen Budgets und Versorgungslücken ein schlüssiges Gesamtkonzept für eine sinnvolle Gestaltung von Betreuung und Pflege in der Zukunft. Wie notwendig dies ist, zeigt sich an der aktuellen Diskussion über die 24h-Betreuung, wo der Streit zwischen Bund und Ländern neue Blüten treibt und wo nach wie vor Rechtssicherheit und Leistbarkeit in Frage stehen. Dabei muss bedacht werden, dass die 24h Betreuung nur einen sehr kleinen Bereich der Pflegelandschaft abdeckt. Konzepte, die den Bedarf in der „Betreuungslücke“ zwischen den mobilen Diensten und der 24h-Betreuung decken können, finden derzeit keinen Eingang in die politische Debatte. Auch der dringend notwendige Ausbau der mobilen Dienste ist in weite Ferne gerückt. Darüber hinaus braucht es einen regelmäßigen Pflegebericht zur Qualitätssicherung.
Wenn sich die Caritas kürzlich unter dem Titel „Miteinander-Füreinander“ mit einer Kampagne zu Pflege und Betreuung an die breite Öffentlichkeit wandte, dann geht es uns vor allem um eins: Darauf hinzuweisen, dass allen Menschen – auch alten und pflegebedürftigen - eine uneingeschränkte Würde innewohnt. Der Mensch ist auch dann wertvoll, wenn er vordergründig der Gesellschaft keinen Nutzen mehr bringt. Diese Überlegungen sind letztlich die Messlatte, ob unser Pflegesystem in Österreich passt. Es muss ein Recht auf Gebrechlichkeit geben.
Kommentar erschienen in Österreich.